
Während Microsoft mit seinem Productivity Score viel von sich reden macht (und nach anfänglich zweifelhaften Reaktionen bestreitet, ein Überwachungstool zu sein), steht das Thema Mitarbeiterkontrolle mehr denn je im Rampenlicht.
Der Productivity Score zeigt Unternehmen wie die Angestellten Microsoft-Programme wie Word, Excel, Powerpoint, One Note, Outlook, Skype oder Teams nutzen: wann und wie lang ist die Software geöffnet, wie viele Dateien werden aufrufen, bei wie vielen digitalen Meetings wird die Kamera angeschaltet usw. Solche Tools können Aufschluss darüber geben, wie Mitarbeiter Technologie am Arbeitsplatz einsetzen. Die gesammelten Daten werfen jedoch auch Fragen zum Datenschutz auf und führen zu Diskussionen darüber, wie nützlich die resultierenden Kennzahlen zur Bewertung der Produktivität sind.
Im ersten Teil unserer Studie haben wir eine Definition und einen Überblick über die verschiedenen existierenden Überwachungsverfahren gegeben, sowie die Sichtweise der befragten Mitarbeiter beleuchtet.
Wie stehen Manager aus deutschen KMU der Mitarbeiterkontrolle entgegen? GetApp befragte in dem zweiten Teil der Mitarbeiterüberwachungs-Studie knapp 400 Manager, um ihre Meinungen, Ziele und Investitionsabsichten in Mitarbeiterüberwachungstools zu verstehen.

Manager finden die Regeln zur Mitarbeiterkontrolle zu streng
Ganze 28 % der befragten Manager finden, dass die Vorschriften zur Mitarbeiterüberwachung in Deutschland zu streng sind und Unternehmen mehr Möglichkeiten für die Überwachung haben sollten.
Arbeitgeber müssen aus rechtlicher Sicht einige Dinge bei der Mitarbeiterüberwachung beachten, um keine geltenden Gesetze zu verletzen. Andernfalls kann es im Zuge von Klagen zu hohen Strafen und Imageschäden kommen. Prinzipiell ist die Überwachung nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer seine vorherige Zustimmung gegeben hat.
Wir wollten auch wissen, ob die gesetzlichen Regelungen zur Mitarbeiterkontrolle geprüft wurden. 8,5 % haben nicht alles sorgsam überprüft, bevor sie mit der Überwachung ihrer Angestellten begonnen habe. 91,5 % geben an, alles sorgsam überprüft zu haben.
Gefahr des Vertrauensverlusts in den Arbeitgeber
Als größte Herausforderungen bei der Mitarbeiterüberwachung werden auf Seite der Manager Datenschutzregeln (46 %), negative Auswirkungen auf das Vertrauen (38 %) und Eindringen in die Privatsphäre (37 %) genannt.
Die Nachteile von Überwachungsmaßnahmen dürfen von Arbeitgebern nicht unterschätzt werden. Durch die Überwachung kommt es bei den Mitarbeitern zu erhöhtem Druck, der nicht immer positive Resultate erzielt. Bei manchen Mitarbeitern kann die Überwachung zu einem hohen Stresspegel führen, da sie befürchten, dass bereits kleinste Fehler ihren Job kosten könnten. Die Überwachung könnte sogar damit einen negativen Effekt erzielen und nicht zu einer besseren Arbeitsleistung, sondern zu einer geringeren Effizienz und höheren Fehlerquote führen. Mitarbeiter könnten die Maßnahmen als ein Zeichen von fehlendem Vertrauen sehen. Das wiederum kann zu Unzufriedenheit am Arbeitsplatz führen und ebenfalls die Arbeitsleistung beeinträchtigen.
Die im ersten Teil der Studie befragten Mitarbeiter stehen der Überwachung negativ entgegen. Der Einsatz von Mitarbeiter-Monitoring-Software führt bei 45 % zu weniger Motivation bei der Arbeit und bei 55 % zu einer verschlechterten Stimmung bzw. Arbeitsmoral.
Wurden Mitarbeiter vor der Krise ohne ihr Wissen überwacht?

In der Grafik können wir sehen, dass Überwachungsmaßnahmen, die während der Krise eingeführt, auch mit den Mitarbeitern kommuniziert wurden. So geben 11 % der Manager und Mitarbeiter an, dass Überwachungssoftware seit COVID-19 in Gebrauch ist.
Vor der Krise weichen die Aussagen zwischen den beiden Parteien stark ab. Anscheinend wurde in 27 % der KMU bereits vor der Pandemie mit Software überwacht, jedoch nur 10 % der befragten Mitarbeiter wussten explizit von der Überwachung. Dabei gilt zu beachten, dass 13 % der Mitarbeiter angeben, sich nicht sicher zu sein, ob sie überwacht werden. Weiterhin sind die befragten Manager und Mitarbeiter nicht aus den gleichen Unternehmen. Man kann jedoch sagen, dass die Zahlen darauf hindeuten, dass eine Diskrepanz vorliegt, was die Wahrnehmung der Überwachung angeht.
Wie werden Mitarbeiter überwacht?
Nicht alle Arten der Überwachung sind gleichermaßen invasiv oder datenschutzrelevant: Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Verfolgung der Anwesenheit und der Videoüberwachung des Arbeitsbereiches. Im Folgenden geben wir einen Überblick darüber, wie Mitarbeiter von ihren Arbeitgebern überwacht werden können:
- Zeitmanagement: Insgesamt auf einzelne Aufgaben verwendete Zeit, auf Projekte verwendete Zeit, Arbeitskalender
- Arbeitslastmanagement: Aufgabenlisten, Arbeitsplan, Ziele und KPIs (Leistungskennzahlen)
- Anwesenheit: Anmelde-/Abmeldezeitpunkt, aktive/inaktive Zeit, Anwesenheit, Krankheitstage
- Computeraktivitäten: Internetzugriff, Zeiterfassung, Webbrowsing
- Aktive und inaktive Zeit: Mausbewegungen, Erfassung von Tastatureingaben, Anmelde-/Abmeldezeitpunkt
- Arbeitsbereich: Videoüberwachung durch Webcams, Zeitrafferfotos oder Screenshots
- Audiogespräche: Telefonnutzung
- Digitale Kommunikation: E-Mails, Chatnachrichten, Videokonferenzen
- Soziale Medien: Nutzung persönlicher Konten
- Standort: GPS und Fahrzeugverfolgung
- Gesundheit und Fitness: Technologien und Wearables zur Messung des körperlichen Wohlbefindens
Wir fragten auf einer Seite die Manager, wofür sie genau Software nutzen, um ihre Mitarbeiter zu überwachen. Auf der anderen Seite wollten wir von den Mitarbeitern wissen, in welchen Bereichen sie der Mitarbeiterüberwachung ausdrücklich zugestimmt haben (beispielsweise durch mündliche oder schriftliche Kommunikation oder über Unternehmensrichtlinien).

Hier fällt einem ins Auge, dass Computeraktivitäten und die aktive und inaktive Zeit von Managern häufiger überwacht wird, als Mitarbeitern bewusst ist. Vor allem bei Audiogesprächen, der digitalen Kommunikation und auch der Überwachung von sozialen Medien können wir eine große Differenz feststellen. Das Einsehen persönlicher Accounts der Mitarbeiter greift tief in die Privatsphäre ein und sollte keinen Faktor in der Beurteilung der Arbeitsleistung spielen. In der Krise haben Arbeitgeber ihren Mitarbeitern vermehrt digitale Tools zur Verfügung gestellt, um im Home-Office zu kommunizieren und kollaborieren. Es überrascht doch, dass 24 % der befragten Manager E-Mails, Chatnachrichten bzw. Videokonferenzen verfolgen.
Überwachung bedeutet nicht unbedingt Produktivität
Wer Überwachung in der Überzeugung einsetzt, dass sie automatisch die Produktivität der Mitarbeiter verbessert, ist auf dem falschen Weg. Es ist sogar wahrscheinlich, dass auf diese Weise eine toxische Arbeitsatmosphäre geschaffen wird, ganz zu schweigen von dem Echo, das in der Öffentlichkeit auf schlechte Praktiken entstehen könnte. Produktivität ist ein schwierig zu messendes Konzept und muss von Fall zu Fall beurteilt werden.
Dabei ist es gar nicht notwendig, dass Manager an der Produktivität ihrer Angestellten zweifeln. 87 % der Mitarbeiter im Home-Office geben an, produktiver bzw. gleich produktiv von zu Hause zu arbeiten. Lediglich 13 % sind weniger produktiv.
Trotzdem geben 69 % der Manager, die Überwachungssoftware nutzen, an, für die Investition gewesen zu sein. Lediglich 21 % waren gegen den Einsatz der Software. 10 % waren nicht an der Entscheidung beteiligt.
Werfen wir im Folgenden einen Blick auf die Vorteile, die aus Sicht der Manager aus der Mitarbeiterüberwachung entstehen.
Die größten Vorteile in der Mitarbeiterkontrolle für Arbeitgeber
Die Überwachung von Mitarbeitern kann Unternehmen einige Vorteile bringen. Einer der wichtigsten ist dabei ohne Frage eine potenzielle Steigerung der Leistung. Mithilfe der Mitarbeiterüberwachung können Arbeitgeber leichter feststellen, wie ein bestimmter Mitarbeiter seine Aufgaben erfüllt, was er für eine Einstellung gegenüber dem Betrieb hegt und wie es generell bezüglich der Arbeitsmoral aussieht.
Die 5 größten Vorteile für Manager sind dabei folgende:
- Arbeitgeber haben einen besseren Einblick in den täglichen Geschäftsbetrieb (42 %)
- Arbeitgeber können sicherstellen, dass Angestellte nicht unterbezahlt werden z. B. weil sie übermäßig viele Überstunden leisten (40 %)
- Arbeitgeber können Angestellte dabei unterstützen, während der Arbeitszeit effizienter zu arbeiten (37 %)
- Fehler können erkannt werden, bevor sie schwerwiegend werden (33 %)
- Es stärkt die Geschäftssicherheit (33 %)
Auch in Zukunft soll in Überwachungssoftware investiert werden
Trotz vieler Bedenken besonders auf Mitarbeiter und Datenschützer-Seite geben 71 % der überwachenden Manager an, auch in Zukunft in Überwachungssoftware investieren zu wollen. 67 % von ihnen finden, dass Überwachungs-Tools positiv für das Unternehmen sind. Auf Mitarbeiterseite sind es lediglich 17 %, die Software positiv finden.
Arbeitgeber sollten sich genau überlegen, ob sich der Einsatz von Überwachungssoftware lohnt. Für 30 % der Mitarbeiter wäre es sogar ein Grund das Unternehmen zu wechseln, wenn der Arbeitgeber mit der Nutzung von Überwachungssoftware anfängt.
Die guten Neuigkeiten zum Schluss
Der Großteil der befragten Manager (61 %) geben an, dass die Mitarbeiter ihres Unternehmens nicht mit Software überwacht werden. Wir fragen nach, warum sie in ein solches System nicht investieren wollen:
- Es gibt keinen Grund dafür, wir haben genug Vertrauen ins Team (71 %)
- Wir finden es ethisch nicht vertretbar, Angestellte zu überwachen (39 %)
- Negative Auswirkungen auf das Vertrauen (33 %)
Vertrauen in das Team ist eine wichtige Basis für eine gesunde Arbeitsatmosphäre. Auch andere Überwachungsmethoden werden in den Unternehmen ohne Überwachungssoftware kaum eingesetzt. So geben 52 % an, dass sie ihre Angestellten überhaupt nicht überwachen. Jeweils 26 % prüfen die Arbeitsleistung und die auf einzelne Aufgaben und Projekte verwendete Zeit. Dies kann eine sinnvolle Methode darstellen, um Arbeitnehmer zu unterstützen und zu helfen, Prozesse zu optimieren.
Um ihre Mitarbeiter zu inspirieren und von ihnen die bestmögliche Produktivität in einem gegebenen Kontext zu erhalten, müssen Führungskräfte und Manager ihre Überwachungsentscheidungen auf konkrete Ziele stützen und diese in voller Transparenz kommunizieren, ohne zu vergessen, die persönlichen Situationen und natürlich die Privatsphäre und geltenden Rechte zu berücksichtigen.
*Methodik der Umfrage
Für diese Umfrage befragte GetApp 1105 Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte aus Deutschland, darunter 396 Führungskräfte. Die Umfrage wurde im Mai 2021 durchgeführt. Die Befragten sind über 18 Jahre alt und kommen aus Unternehmen mit 2 bis 250 Mitarbeitern aus verschiedenen Branchen. Die Anzahl der Befragten variiert pro Frage, abhängig von den Antworten auf die vorherigen Fragen.