Projektmanagementmethoden gibt es wie Sand am Meer – allein projektmagazin listet mehr als 100 davon auf. Sie sind nicht ohne Grund so zahlreich vertreten: Schlechte Kommunikation ist verantwortlich für das Scheitern von einem Drittel aller Projekte und einer Untersuchung vom Project Management Institute zufolge verschwenden Unternehmen 109 Millionen US-Dollar für jede in Projekte investierte Milliarde, wobei große Projekte besonders häufig scheitern.
Vor allem Teams mit weniger als 10 Mitgliedern fällt es angesichts dessen, was auf dem Spielt steht, oft nicht leicht, unter der großen Auswahl die passende Projektmanagementmethode zu wählen. Wie trifft man aber für das eigene Team die beste Wahl, um die oben genannten Probleme möglichst zuverlässig zu vermeiden?
In diesem Artikel beantworten wir häufige Fragen zur Auswahl der besten Projektmanagementmethoden für kleinere Projektteams, um die erste Orientierung zu erleichtern.
1. Was ist die üblichste Projektmanagementmethode für Teams mit weniger als 10 Mitgliedern?
Die Antwort heißt: Keine.
Als GetApp fast 200 Projektmanager*innen in den USA nach den von ihnen verwendeten Methoden fragte, antwortete fast die Hälfte (43 %), dass sie überhaupt keine nutzen. 47 % der Projektmanager*innen von Teams, die keine Projektmanagementmethode einsetzen, gaben an, dass sie dies auch zukünftig nicht planen.
2. Muss mein Team eine Projektmanagementmethode einsetzen?
Nicht unbedingt.
Manchmal kann es von Vorteil sein, keine Projektmanagementmethode zu nutzen. Je nach den Anforderungen des Teams ist das vielleicht sogar die beste Wahl.
Untersuchungen von Gartner (für Kunden auf Englisch verfügbar) raten Projektleiter*innen, in Erfahrung zu bringen, welche Tools ihre Teams spontan für die Zusammenarbeit nutzen. Autor Jeffrey Mann sagt, strikte Prozesse seien unnötig, wenn „Projektmanagement“ in einem Team das Synonym für „Zusammenarbeit“ sei.
In solchen Fällen sollte die Teamleitung beobachten, welche Tools die Mitglieder bereits selbst zum Arbeiten einsetzen. Anschließend können sie ihre Teams dazu anregen, weniger strukturierte Projekte mit diesen Kollaborationstools zu organisieren.
3. Welche Projektteams profitieren am meisten von Projektmanagementmethoden?
Teams, die an Softwareprojekten arbeiten.
Jeder vierte Teilnehmer der GetApp-Umfrage war entweder in der IT oder im Technologie- oder Softwarebereich tätig. Auch wenn die Zusammenarbeit bei Softwareprojekten eine Schlüsselrolle spielt, brauchen diese Teams einen formaleren Plan.
Der Softwareentwicklungsprozess umfasst eine Reihe von Schritten, vom ersten Entwurf über Tests bis hin zu Bugfixes. Und da Softwareprojekte bestimmte Produkte unterstützen (die Software selbst), ist während des Lebenszyklus von Softwareprodukten eine ganze Reihe von Projekten zu managen.
4. Was ist das größte Risiko, wenn ich keine Projektmanagementmethode einsetze?
Das Risiko, Projekte verspätet abzuschließen oder das Budget zu überschreiten.
Wenn es dem Projektteam hauptsächlich um die Zusammenarbeit geht, ist dafür vielleicht keine bestimmte Methode nötig. Aber Projektmanagementmethoden beeinflussen auch den Rest des Projektteams – und das erwiesenermaßen positiv.
Samuel Malachowsky, Autor zum Thema Projektmanagement und Dozent im Department of Software Engineering am Rochester Institute of Technology, erklärt, dass Projektmanagementmethoden alles vom Vertrieb und der Angebotserstellung bis hin zu Budgets und Zeitplänen beeinflussen. Sie helfen Teammitgliedern außerdem, Aufgaben nachzuverfolgen, den Fortschritt zu visualisieren und Probleme zu vermeiden.
„Wird also die Wahrscheinlichkeit größer, dass Teams Projekte pünktlich und im Rahmen des Budgets abliefern?“, fragt Malachowsky. „Ja – doch noch wichtiger ist: Sie haben vermutlich genauere Budgets und Zeitplanungen und verfügen über die nötige Transparenz, um zu wissen, wo sie im Hinblick auf diese Kriterien stehen.“
Wenn kein einheitlicher Prozess für alle Teammitglieder verwendet wird, geraten Projekte schnell in Zeit- und Geldnot. Dies kann die Existenz der Softwareprodukte bedrohen, die möglicherweise das Rückgrat eines kleinen Unternehmens sind. Angesichts der Tatsache, dass kleine Unternehmen besonders häufig – und oft schon nach wenigen Jahren – Insolvenz anmelden müssen, zählt jeder Euro.
5. Was ist die beste Methode für Teams, die umfangreiche Tests durchführen müssen?
Six Sigma.
Die Six Sigma-Methode zielt darauf ab, Prozesse zu verbessern, indem die Anliegen der Kund*innen wahrgenommen werden. Zu ihren größten Vorteilen gehören:
- Nachvollziehen, wie Kundenanforderungen sich ändern
- Qualität und Lieferung verbessern
- Ausschuss und Kosten reduzieren
- Starke Produkte und Prozesse entwickeln
- Kontinuierliche Verbesserung
- Die Wettbewerbsposition des Unternehmens stärken
Six Sigma erfordert fundierte Kenntnisse in Statistik, Ingenieurswesen und Projektmanagement. Dadurch ist diese Methode ideal für Projektteams in Branchen wie dem Finanzwesen, Medizin und Militär.
„Während eines Code Freeze werden die unterschiedlichsten Tests durchgeführt und erst wenn alle Tests bestanden wurden, wird die Software veröffentlicht“, erläutert Alexis Wilke, CEO der Made to Order Software Corporation. In den meisten Fällen bedeutet dies, dass das Team mit der Arbeit an einem neuen Projektzweig für die nächste Version beginnt, während die Tester den „eingefrorenen“ Code überprüfen.
„Wenn ein Bug entdeckt wurde, wird im Release-Zweig an einem Fix gearbeitet“, sagt Wilke. „An diesem Zweig erfolgen keine weiteren Code-Änderungen. Das verlangsamt zwar den Prozess, aber im Ergebnis ist der Code mit großer Wahrscheinlichkeit sehr viel sicherer und funktionaler.“
6. Was ist die beste Methode für Projektteams aus Wissensarbeiter*innen?
Scrum oder Kanban.
Scrum und Kanban sind zwei separate Methoden, die zu den agilen Projektmanagementmethoden gehören. Scrum und Kanban sind also nicht einfach nur Synonyme für „agil“ (darum wird es in einem späteren Abschnitt gehen). Stattdessen handelt es sich um zwei verschiedene Frameworks, mit denen agile Projektmanagementmethoden umgesetzt werden können.
Scrum kontrolliert Zeit und Kosten, um die Anforderungen im Blick zu behalten.
Eine direkte Zusammenarbeit zwischen den Projekt- und Kundenerfolgsteams ist für die erfolgreiche Umsetzung von Scrum besonders wichtig. Somit eignet sich Scrum hervorragend für kleine Teams mit weniger als 10 Personen, die gemeinschaftlich an Projekten arbeiten.
Scrum-Teams arbeiten in als Sprints bezeichneten Iterationen, die nicht länger als einen Monat dauern. Die Fortschritte bei diesen Sprints präsentieren Scrum-Teams bei täglichen 15-minütigen, im Stehen abgehaltenen Meetings – sogenannten Daily Scrums.
Kanban steuert die Produktentwicklung mit dem Ziel der Continuous Delivery ohne die Entwicklungsteams übermäßig zu belasten.
Zentrale Ziele sind:
- Den Workflow für an einem Tag fällige Aufgaben visualisieren
- Die Menge der aktuell in Arbeit befindlichen Aufgaben reduzieren, sodass Teams sich nicht zu viel vornehmen
- Prozesse optimieren, sodass Rückstand priorisiert wird und die wichtigsten Aufgaben vorgezogen werden
Die Kanban-Projektmanagementmethode regt zu kontinuierlichen Verbesserungen an, indem Team-Workflows optimiert werden. Damit ist sie eine gute Wahl für Teams mit einer fortlaufenden Produktentwicklung.
„Für Teams aus Wissensarbeiter*innen wie Softwareentwickler*innen, Wissenschaftler*innen, Vertriebs- und Marketingprofis usw. ist Agile/Scrum oder Agile/Kanban meine Standardempfehlung“, sagt Shai Sandil, Gründer und CEO von Soft Solutions Consulting. „Beide Methoden wurzeln in der Idee, dass sich Projektanforderungen ständig ändern und Projekte nur Erfolg haben können, wenn auf diese Veränderungen reagiert wird.“
7. Was sind die größten Schwierigkeiten beim Untersuchen verschiedener Methoden?
Fehlende Unterstützung der Führungsetage.
Der Mangel an Unterstützung durch die Führungsetage ist einer der Hauptgründe dafür, dass Projekte fehlschlagen. Dies ist wenig verwunderlich: Schließlich ist es die Aufgabe des Trägers, die Projektvision festzulegen und zu erläutern, wie das Projekt zu den Unternehmenszielen beiträgt. Ist dies nicht gegeben, ist es schwierig, herauszufinden, welche Projektmanagementmethode für ein bestimmtes Team und Projekt die Richtige ist.
„Eines der größten Hindernisse ist fehlende Unterstützung durch die Leitung“, sagt Sandil. „Häufig zeigt sich das in einer „Lasst das Team doch machen, was es will“-Haltung. Das ist zwar besser als ein klares Nein, aber auch problematisch, wenn das Team das Management um Ressourcenzusagen bittet.“
Um dieser Herausforderung zu begegnen, sollte man als Projektleiter*in klar darlegen, weshalb man sich für eine Methode entschieden hat, warum sie die richtige Wahl für das Team ist und wie sie das Unternehmenswachstum vorantreiben wird.
8. Was ist der wichtigste Faktor für die erfolgreiche Einführung einer Projektmanagementmethode?
Sicherstellen, dass jeder sie einsetzen wird.
Untersuchungen zeigen, dass Führungskräfte in Zeiten der Veränderung ihre Erwartungen häufig nicht klar benennen. Sie formulieren die gewünschten Erwartungen als Aufgaben, nicht als Ergebnisse. Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist und sich Änderungen gerne widersetzt, erstaunt es wenig, dass dies zu schlechten Resultaten führt.
Die Projektleitung hat die Aufgabe, dem Team klar zu kommunizieren, warum die neue Methode zu besseren Ergebnissen führen wird. Besonders wichtig ist das, wenn das Team noch nie zuvor eine Projektmanagementmethode eingesetzt hat. Jetzt gilt es zu erklären, warum die althergebrachten Arbeitsweisen nicht mehr ausreichen und die neuen Methoden positive Veränderungen bringen werden.
„Es ist äußerst wichtig, dass das Team die neuen Methoden wirklich mitträgt“, sagt Shandil. „Bei einem Drei-Personen-Team wird eine sehr umständliche Methode beispielsweise nie ankommen. Ein zehnköpfiges Team wird wiederum nicht mit einer Methode klarkommen, die sich auf eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht konzentriert, denn man will ja nicht immer die Zeit von zehn Personen verschwenden, sobald es etwas zu klären gibt.“
9. Ist es in Ordnung, mit einer Methode zu beginnen und später zu einer anderen zu wechseln?
Ja, solange die neue Methode mit der Projektstrategie im Einklang ist.
Häufig möchten Projektleiter*innen ihre Methode gerne noch einmal wechseln, wenn das Team und die Kundenanforderungen gewachsen sind. Dies gilt insbesondere für Softwareprojekte.
„In der Anfangszeit des Projekts ist die Kanban-Methode sehr sinnvoll“, sagt Wilke. „Eine Programmiererin sollte schließlich nicht aufhören müssen, an einer Funktion zu arbeiten, wenn sie mit einem neuen Projekt anfängt. Sie wird mit der Funktion fortfahren, bis sie abgeschlossen ist und dieser Teil des Codes veröffentlicht werden kann.
Sobald ein funktionierendes Produkt besteht und die Kund*innen ständig neue Funktionen wünschen, empfiehlt sich die Scrum-Methode für das Team, das für die Weiterentwicklung verantwortlich ist. Hier ist es die Aufgabe des Managers oder der Managerin, eine Liste mit neuen Funktionen zu führen und diese zu priorisieren. Sobald ein neuer Meilenstein festgelegt ist, wird an den Features und Bugs mit der höchsten Priorität für diesen Meilenstein gearbeitet.“
Malachowsky rät jedoch davon ab, überstürzt zu wechseln. Projektteammitglieder sind meist am erfolgreichsten, wenn sie Methoden nutzen, mit denen sie vertraut sind. Daher sollte auch der Hintergrund der einzelnen Teammitglieder in Betracht gezogen werden, bevor man sich für eine neue Methode entscheidet.
„Die Chance ist groß, dass das Team mit Methoden erfolgreicher ist, die es bereits zuvor verwendet hat“, sagt Malachowsky, „sei es durch das Team selbst (wenn sie bereits zusammengearbeitet haben), einzelne Teammitglieder (durch Unternehmensstandards) oder brancheninterne Standards (bei kürzlich angeworbenen Teams). Es gibt natürlich noch mehr zu bedenken, aber diese Überlegungen sollten am Anfang stehen.“
10. Kann mein Projektteam eine Methode eher als Leitfaden verwenden, statt sie haargenau umzusetzen?
Ja – Projektmanagementmethoden sind Konzepte, die Spielraum bieten, keine unveränderlichen Vorschriften.
Wer einen Marathon laufen möchte, befolgt üblicherweise einen Trainingsplan. Doch wer setzt seinen Plan schon bis ins kleinste Detail genauso um, wie er dasteht? Vermutlich fast niemand.
Agile Methoden sind unter anderem genau deshalb so erfolgreich geworden, weil sie Veränderungen und Abstufungen zulassen: Das agile Manifest priorisiert Individuen vor Prozessen. Es ist also durchaus sinnvoll, Methoden eher als Richtschnur für ein Team und nicht als starren Prozess zu betrachten.
Vor allem kleine Projektteams haben meist gar keine andere Wahl, als Änderungen in ihrer Planung mit einzukalkulieren. Jede gewählte Methode sollte zum Projekt und zu den Unternehmenszielen passen. Alles, was darüber hinausgeht, kann nach Bedarf angepasst werden.
„Wenn eine Methode nicht funktioniert, lass sie weg, probier etwas anderes aus oder verändere sie, bis sie passt“, sagt Sandil. „Keine Methode will „nach Vorschrift“ ausgeführt werden. Sie alle wollen an die individuellen Bedürfnisse angeglichen werden. Als Berater sollte ich das vielleicht nicht sagen, aber die Wahrheit ist die Wahrheit.“
11. Was genau bedeutet „agil“?
„Agil“ ist ein Oberbegriff für mehrere Methoden, mit denen Projektteams erfolgreich auf Veränderungen reagieren können.
„Agil“ ist nicht eine bestimmte Methode, sondern eine ganze Reihe von Methoden (einschließlich Scrum und Kanban), die Projektteams beim Bewältigen von Projektabweichungen helfen.
Angesichts dieses breit gefassten Ziels können Projektleiter*innen agile Methoden ihrer Wahl auf die unterschiedlichsten Projekte anwenden, vom Marketing bis hin zur Softwareentwicklung. Agile Methoden bieten sich an, wenn auf ein Projekt Folgendes zutrifft:
- Es basiert auf der engen Zusammenarbeit zwischen den Entwicklungs- und Geschäftsteams
- Es muss einen kontinuierlichen Geschäftswert liefern
- Die Anforderungen sind flexibel
- Die Teams – idealerweise mit maximal neun Personen – sind selbstorganisiert
„Wenn ein Projekt kompliziert oder komplex ist und eine regelmäßige Interaktion zwischen dem Product Owner und dem Team erfordert, ist die Scrum-Methode optimal“, sagt Alan Zucker, Gründer von Project Management Essentials LLC.
„Scrum eignet sich am besten, wenn man neue Anwendungen oder große Verbesserungen für veraltete Anwendungen entwickelt, wobei man schrittweise einen Mehrwert schaffen will und tägliche Interaktionen zwischen dem Entwicklungsteam und dem Unternehmen gewünscht sind.
Wenn es vor allem darum geht, die Arbeitsabläufe eines Projekts zu managen und Überflüssiges zu vermeiden, ist Kanban die beste Methode.“
12. Okay, wir haben uns entschieden, Scrum auszuprobieren. Womit fangen wir an?
Die ersten Schritte mit Scrum bestehen darin, die Rollen von Product Owner und Scrum Master zuzuweisen. (Diese Rollen werden beispielsweise hier genauer erklärt.)
Zur erfolgreichen Scrum-Implementierung legt der Product Owner im Voraus Zeitrahmen fest, in denen fällige Aufgaben erledigt werden sollen. Diese festgelegten Zeitrahmen werden auch als Sprints bezeichnet und sind üblicherweise zwei Wochen lang, manchmal auch bis zu einem Monat.
„Wir entwickeln ein Produkt und die Anforderungen und Prioritäten ändern sich regelmäßig – wöchentlich, wenn nicht gar täglich“, erklärt Nitin Verma, Mitgründer von Orgzit. „Die Arbeit unserer Teams war stark miteinander verflochten und damit war es grundlegend wichtig, dass jedes Teammitglied wusste, woran die anderen arbeiten und ob es etwas fertigzustellen gibt, bei dem die anderen festhängen.“
Scrum-Teams führen täglich ein kleines Meeting durch („Daily Scrum“ oder „Daily Stand-Ups“), in dem der Fortschritt während der Sprints festgehalten wird. Diese Meetings sollen allen Teammitgliedern die Gelegenheit bieten, in höchstens 15 Minuten einen Überblick über ihre Arbeit zu geben. Entscheidend für erfolgreiche Daily Scrums ist die richtige Balance zwischen Kürze und Teamwork.
„Wir befolgen eine sehr einfache Daily Scrum-Methode und nutzen einfache Aufgabenlisten“, sagt Verma. „Im Grunde muss jedes Teammitglied jeden Tag nur drei Fragen beantworten:
- Was hast du gestern erreicht?
- Warst oder bist du bei etwas blockiert?
- Woran wirst du heute arbeiten?“
Im GetApp-Softwarekatalog kannst du nach Funktionen, Preis, Integrationen und mehr filtern.